Einmal mehr begehen wir den großen Feiertag der "Deutschen Einheit".  Mittlerweile hat man sich fast schon an diese falsche Terminologie gewöhnt. Warum auch nicht? Wir schicken schließlich keine Söldner oder Soldaten nach Afghanistan, sondern "Friedenstruppen". Wir kürzen und streichen marode Renten- und Krankenversicherungen und nennen dies "Reform". Die explodierende Verschuldung bekommen wir in den Griff, indem wir "weniger neue Schulden aufnehmen", und wir freuen uns über jede weitere "Tafel e.V.", die eröffnet wird, ohne zu fragen, warum diese gigantische Armenspeisung in einem doch so reichen Land überhaupt notwendig ist. Mittlerweile kann keine Wortschöpfung bis hin zum unsäglichen "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" sinnlos genug ersonnen werden, kein Kredit, keine Garantie und keine Bürgschaft muß uns Sorgen machen - es ändert sich doch dadurch nichts. Oder doch? Ja, dieses ungute Gefühl macht sich nun ganz langsam auch bei den Schaukelpferdgemütern breit.

Für die wirklich kritischen Betrachter hat man die Nahrungsmittelpreise gleich belassen und lediglich die Füllmengen reduziert - haben Sie das eigentlich schon bemerkt? Für den durchschnittlichen, geistigen Kleingärtner reicht es dagegen aus, offiziell die Inflation mit wenigen Prozentpunkten bekanntzugeben. Das funktioniert selbst dann, wenn er gerade wieder Ausgabensteigerungen von 10% und mehr an allen wichtigen Ecken aus dem Portemonnaie entnommen hat. Man muß einfach mehr Flachbildschirme kaufen, dann stimmt es wieder - und außerdem lenkt das so schön ab. Mich erinnert dies an den Fall einer beschädigten Alufelge, zu dem die zuständige Behörde mitteilte, der dokumentierte Schaden sei nach Definition gar  nicht entstanden, weil das Schlagloch nicht mindestens so und so viele cm tief war - alles klar, mein Fehler - bin schon weg, und vielen Dank auch für die Info. Wenn Kosten entstanden sind, schicken Sie mir bitte die Rechnung oder pfänden Sie direkt!

Wer all diese Tatsachen in einigen Jahren als neutraler Beobachter zusammenträgt, wird vor der Frage stehen, wie es sein kann, daß die Masse der Menschen trotz der Offensichtlichkeit nicht nur tatenlos zuschaut, sondern schön brav in Zweierreihen in den Untergang marschiert zu den Klängen medialer Berieselung untersten Niveaus, mit Brot und Spielen - das hatten wir doch alles schon einmal?

Versuchen Sie doch gleich einmal, dazu eine 2-minütige Rechtfertigung vor einem imaginären Gericht abzugeben - Sie werden staunen, und es dürfte Ihnen schwer fallen, auch nur ein einziges Argument zu bringen, das von einem objektiven Publikum nicht als geradezu "lächerlich" oder "dummes Zeug" verworfen wird. Nein, wir haben keine Entschuldigung, denn wir machen in der Masse weiter mit. Also üben Sie besser schon mal: aufrecht stehen, Blick geradeaus, und mit fester Stimme „ja, ich wollte das alles so. Und ich habe nichts dagegen unternommen!“

Vielleicht sollten wir einfach ehrlicher zu uns selber sein. Das schont das Gewissen und erhöht die Lebensfreude. Feiern wir doch einfach alles, und machen es der Nachwelt damit einfacher, uns als das einzuschätzen, was wir wirklich sind: naive, ängstliche und verantwortungslose  Wendehälse mit dem Kopf im Sand. Gut, die Wahrheit tut weh, aber seien Sie doch einmal ehrlich und denken Sie mit. Die Nummer mit der Unwissenheit wird uns niemand abkaufen, und die oben geschilderte, geistige Haltung können wir doch locker rechtfertigen: sie verhindert Hochnäsigkeit, garantiert Demut und Bodenständigkeit (um den Kopf in den Sand zu stecken, muß man sich ja auf den Knien befinden) und ermöglicht schließlich ganz neue Erkenntnisse aus einem anderen Blickwinkel - wobei man naturgemäß nicht mitbekommt, was "da oben" vor sich geht. Klingt gut, und so plausibel, nicht wahr?

Also feiern wir - Anlässe gibt es mehr als genug! So hätten wir zum Beispiel schon die Eingemeindung von Stolzenhagen nach Wandlitz als weitere kleine, deutsche Einheit feiern können. Die Schließung von Schulen und Kindergärten ist in bester Tradition bereits "Bildungsrefom", wir müssen nur noch ein kleines Volksfest damit verbinden. Und lassen Sie uns gemeinsam den Abbau von Sozialleistungen, die Schließung von Arztpraxen und Krankenhäusern feiern! Wir wollen jubelnd auf die Straße, wenn unsere Politiker sich die Diäten erhöhen, während selbst das Bundesverfassungsgericht feststellt, daß sie gar nicht rechtmäßig gewählt wurden, und die Kluft zwischen arm und reich immer größer wird. Und schließlich gibt sowohl das Verhökern von Volkseigentum an private Konzerne als auch anschließend der völlig überteuerte Rückkauf stets einen willkommenen Grund zur Ausgelassenheit. Damit wäre unser Verhalten für die Nachwelt wenigstens schlüssig und als "nicht zurechnungsfähig" glaubhaft. Und was wir beim besten Willen nicht nachvollziehen oder verstehen können, das deklarieren wir einfach zum Gesetz (am besten aus Brüssel, da kann man eh nichts machen)  mit einer wunderbaren, positiven Bezeichnung. Den Begriff "Nachhaltigkeits-Alternativlos-Strukturverbesserungs-Gesetz" werde ich gleich reservieren lassen, und der paßt immer - oder hatten wir den etwa auch schon?

Lediglich unsere Nachbarländer hätten damit möglicherweise ein Problem. Nachdem man größtenteils gerne gesehen hat, wie ein Volk in der Beschämung versinkt und überall Zahlmeister ist, hofft man jetzt vielerorts darauf, daß die Deutschen es wieder richten, denn selber handeln ... aber das wissen wir ja jetzt.

Aber dieses Mal sind wir schlauer: wenn wir nicht schon vorher zum islamischen Gottesstaat werden, verschenken wir einfach den kümmerlichen Rest - z.B. an die Briten - und sind damit aus dem Schneider. Damit haben die nicht gerechnet, und wir feiern einfach einmal mehr und kassieren das Begrüßungsgeld!

Haben wir noch etwas vergessen? Nein. Wer feiert, hat keine Zeit für alte Zöpfe wie "Kultur", "Zukunft" oder "Verantwortung für Kinder". Das läßt sich nun einmal mit der gebotenen, politischen Korrektheit nicht verbinden. Wir empfehlen den betroffenen Personengruppen, einfach das Land zu verlassen. Zum Abschied gibt es aber - Sie wissen schon - eine tolle Feier!

Gerade steuern wir in dieser Blickrichtung auf eine der größten Feiern zu, die Europa jemals gesehen hat. Die Bundesrepublik Deutschland möchte Bundesstaat der europäischen Union werden. Dieser eindeutige Angriff auf die "Verfassung" und deren Beseitigung ist in diesem Fall natürlich nicht verdächtig, sondern in Form eines Vereines förderfähig, dem führende Politiker aller Parteien angehören. Ja, Sie haben richtig gelesen: die sogenannten Volksvertreter, die in immer schlechteren Darbietungen als vermeintliche Gegner vor den Kameras auftreten und Mühe haben, sich dabei das Lachen zu verkneifen, sitzen hinterher zusammen und beraten, wie sie diesen Verrat am besten umsetzen können. Lassen Sie sich davon aber bitte nicht die Stimmung vermiesen bei der nächsten Wahlparty!

Nach 67 Jahren Nichterfüllung kann die Deutsche Einheit nun selbst nach der aktuellen Altersgrenzenregelung in den Ruhestand gehen. Wenn das kein Grund zum Feiern ist? In diesem Sinne: hoch die Tassen - wir konnten das ja nicht ändern!